Im Monat Februar 2024 kommt unser Trogener Konzertpublikum in den Genuss der Aufführung eines Unikats. BWV 204 «Ich bin in mir vergnügt» wird zwar den geistlichen Kantaten zugeordnet. Sie bezieht sich aber auf keine Perikope ­– das heisst, es fehlen die sonst üblichen, zugeordneten Bibeltexte und ein Sonn- oder Feiertag, für den das Werk komponiert worden war. Der Kantatentext stammt von einem Operntexte verfassenden Dichter Christian Friedrich Hunold und ist eigenartig zweideutig: Entweder kaschiert triefende Moralität die ätzende Sozialkritik gegenüber den Bessergestellten, oder es werden im Gegenteil durch anzustrebende Genügsamkeit die herrschenden Verhältnisse geradezu zementiert. Für welche Gelegenheit und in welchem Auftrag komponierte Bach diese Kantate? Wohl nicht für die Aufführung in einer Kirche. Für seine Frau Magdalena? Das würde die virtuose Partitur für Solosopran erklären. Wir wissen es nicht; umso reizvoller sind Spekulationen. Was aber eindeutig ist: Bach muss der Text behagt haben, denn die Musik ist phasenweise so lustvoll komponiert wie in einem Brandenburgischen Konzert.

Unsere Reflexionistin Marie Luise Knott ist unter anderem Lyrikexpertin. Was sie von der barocken Gemengelage zu Reichtum, Glück und Bescheidenheit hält und wie diese eigenartige Bachkantate ganz allgemein auf die versierte Autorin wirkt, werden wir am Konzertabend erfahren. Wenn wir ihr ein Stichwort geben wollten, dann die «göttliche Vergnügsamkeit» ganz am Ende des Kantatentexts: nach modernem Sprachgebrauch ein geradezu atemberaubendes Wortgebilde aus Begnügsamkeit und Vergnügen – brauchbar als kategorischer Imperativ?

Einmal mehr möchten wir Sie auf die im Umfeld unserer Kantatenkonzerte neu eingeführte «Calov-Runde» hinweisen. Das Faksimile von Bachs mit handschriftlichen Einträgen versehener Bibel wird am Kantatenfreitag jeweils um 15.30 Uhr im Eingang des Hauses am Landsgemeindeplatz 2 perikopengerecht aufgelegt; die Anwesenden finden sich anschliessend zur Perikopenlektüre beim Kaffee in der Krone Trogen. Diesmal wird als Gast Herr Dingeman van Wijnen aus den Niederlanden mit dabei sein. Er ist der Herausgeber der wertvollen Faksimile-Ausgabe von Bachs Calov-Bibelkommentar.

Das Jahr 2024 hat die J. S. Bach-Stiftung nebst den Trogener Konzerten einige Gastspiele auf dem Programm. Im März dürfen wir gleich zwei Gastspiele geben und freuen uns, wenn Sie ebenfalls mit dabei sind. Die Gastspiele führen uns:

  • am Samstag, 9. März 2024 nach Zürich, Johanneskirche/Forum Alte Musik, 19.30 Uhr
  • am Sonntag, 10. März 2024 nach Boswil (AG), Alte Kirche, 11.00 Uhr

In beiden Programmen erklingen u.a. die h-Moll Suite BWV 1067 und die «Kaffeekantate» BWV 211. Weitere Informationen finden Sie hier.

Zu Beginn dieser Monatspost sprachen wir von einem Unikat. Einem Unikat aus Bachs komponierender Hand. Zum Schluss nochmals ein Unikat, aber diesmal von Rudolf Lutz, unserem musikalischen Leiter. Nebst seinem grossen Pensum für die J.S. Bach-Stiftung fand er Zeit und verfügte über die Energie, eine Passion zu komponieren. Bekanntlich gab es von J. S. Bach eine Markus-Passion, deren Musik leider verschollen, der Text (von Christian Friedrich Henrici, genannt Picander) aber erhalten geblieben ist. Rudolf Lutz vertonte den Text in barocker Tonsprache; es ist aber nicht Bach, sondern Lutz. Also keine Stilkopie, sondern eine bewusste persönliche Umsetzung derselben Textvorlage.

Das Werk ist in der vorläufigen Fassung für zwei Klaviere, einer Anzahl uns nicht unbekannten Solistinnen und Solisten und unter der Leitung des Komponisten zu hören:

  • am Mittwoch, 28. Februar 2024 18.30 Uhr (Einführung) bzw. 19.30 Uhr (Konzert) in der Aula der Kantonsschule Wohlen (AG)
  • am Freitag, 1. März 2024 um 17.00 Uhr (Einführung) bzw. 18.00 Uhr (Konzert) in der Aula der Universität Zürich

Von Seiten der J. S. Bach-Stiftung freuen wir uns natürlich sehr über diese Erweiterung des barocken Repertoires. Was Schöneres könnte man sich auf dem Stiftungsweg überhaupt ausdenken? Weitere Informationen finden Sie hier.