Kantate zum 2. Sonntag nach Trinitatis, für Sopran, Alt, Tenor und Bass, Vokalensemble, Trompete, Oboe I+II, Viola da gamba, Streicher und Basso continuo.
Wenn die ganze Schöpfung die «Ehre Gottes» verherrlicht, dann darf auch die Musik selbstbewusst in diesen Lobpreis einstimmen! Ob Bach von dem ihm vorgelegten Psalmvers dergestalt ermutigt wurde, wissen wir nicht. Die ausgedehnte Kantate BWV 76 spricht mit ihrer herrlichen Musik jedoch für jenen veritablen Schaffensrausch, den der neu ins Amt gekommene Thomaskantor förmlich zelebrierte, indem er alle Register seiner Satztechnik, Formerfahrung, Affektzeichnung und Instrumentierungskunst zog. Ob in den zwischen Kampfesmut und Liebesgebot emotional ausgespannten Arien, einer später zum Orgeltrio gewordenen Sinfonia für Viola da gamba und im orchestral ausgeschmückten doppelten Schlusschoral – keinen einzigen Takt hat Bach ausgelassen, um seine Leipziger Gemeinde ebenso wie uns Heutige zu verzaubern.
Reflexion
Carolin Emcke, Publizistin, studierte Philosophie in London, Frankfurt/M. und Harvard und promovierte über den Begriff «Kollektiver Identitäten». Sie arbeitete mehrere Jahre als Auslandsredakteurin und -reporterin mit Fokus auf Krisenregionen und berichtete u.a. aus dem Kosovo, Afghanistan, Irak, Gaza, Kolumbien und Haiti. Seit 2014 ist sie als freie Publizistin tätig. In ihren Büchern, Essays, Kolumnen, aber auch künstlerischen Interventionen befasst sie sich mit den Themen Gewalt und Trauma, Demokratiefeindlichkeit und Rassismus, Sexualität und Begehren. 2016 wurde sie mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.