In BWV 47 „Wer sich selbst erhöht, der soll erniedrigt werden“ gruppieren sich Eingangschor, zwei Arien und Schlusschoral um die zentrale, an Deutlichkeit kaum übertreffbare Aussage „Der Mensch ist Kot, Staub, Asch und Erde“. Es braucht einen stimmgewaltigen, lebenserfahrenen Solisten, um die Botschaft dieses Rezitativs glaubwürdig hinüberzubringen! Die übrigen Nummern von BWV 47 fallen aber keinesfalls ab – unsere Sinne werden einmal mehr mit wundervollen Chorpartien, herrlichen instrumentalen Begleitungen und ausdrucksstarken Arien verwöhnt.

Volker Meid, unser Reflexionsreferent, ist Spezialist für Barockliteratur. Gerade für die Kantate BWV 47 kommt uns dies bestimmt sehr entgegen. Denn so schwer es dem heutigen, aufgeklärten und zuweilen existentiell vielleicht auch etwas oberflächlich gewordenen Menschen fallen mag, die in jeder Hinsicht üppige Ausdrucksweise des Barocks nachzuvollziehen, so faszinierend ist es hinwiederum auch, jene uns fremdgewordenen Lebensgefühle ab und zu erahnen. Etwas „Übersetzungshilfe“ ist dafür durchaus dienlich.

Zuletzt noch etwas eher Prosaisches: Bedauerlicherweise mussten unsere mit der Bahn angefahrenen Konzertbesucher nach der letzten Kantatenaufführung im August die Unbill eines Maschinenschadens bei den Appenzeller Bahnen erleiden und kamen deshalb zum Teil sehr spät nach Hause. Wir haben seitens unserer Stiftung bei der Direktion interveniert. Dass es beim öffentlichen Verkehr auch einmal zu einem Defekt kommen kann (beim Privatverkehr nehmen wir Staus ja ohne weiteres hin), ist entschuldbar, nicht aber der Umstand, dass keine Information erhältlich und Gegensprechanlagen und dergleichen stumm waren. Das geht nicht. Wir könnten uns vorstellen, dass der eine oder andere Konzertbesucher durchaus gerne in barocker Stimmgewalt seinen Unmut kundgetan hätte. Vorschlag aus BWV 47: „Geh, schäme dich, du stolze Kreatur!“